Die Behandlung der arbeitsrechtlichen Abfindung im Familienrecht

Die Behandlung der arbeitsrechtlichen Abfindung im Familienrecht

Rechtsanwältin Evemarie Herbolsheimer, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

Die arbeitsrechtliche Abfindung gewinnt eine immer höhere wirtschaftliche Bedeutung als arbeitsmarktpolitisches Instrument zur Auflösung von Arbeitsverhältnissen und sozialpolitisches Instrument zur finanziellen Abfederung des Verlustes des Arbeitsplatzes. Da auch die Scheidungsrate zunimmt, ist es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wichtig zu wissen, ob eine Abfindung ausschließlich im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen oder teilweise zur Sicherung des nachehelichen Ehegatten- und des Kindesunterhalts heranzuziehen ist. Dieses Wissen kann bei Verhandlungen über die Abfindung Berücksichtigung finden.

Sinn des Zugewinnausgleichs ist die Teilhabe an dem während der Ehe Erworbenen unabhängig von dessen Verwendung. Erhält der Arbeitnehmer die Abfindung als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes, so ist dies vergangenheitsbezogen und spricht für einen Ausgleich im Rahmen des Zugewinns. Dies gilt insbesondere, wenn der oder die Abgefundene sofort ein neues Arbeitsverhältnis eingeht und hieraus Einkünfte erzielt, die dem weggefallenen Arbeitsentgelt entsprechen. In diesem Fall führt die Zahlung oder der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung zu einem Vermögenszuwachs, der nach der Stichtagsregelung des § 1375 Abs. 1 BGB in den Zugewinnausgleich fällt. Stichtag zur Berechnung des Endvermögens ist der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags an die Gegenseite.

Wird die Abfindung im Zugewinnausgleich berücksichtigt, kann sie nicht mehr für die Bemessung des Unterhalts herangezogen werden. Entsteht allerdings der Anspruch auf Zahlung einer Arbeitnehmerabfindung nach Zustellung des Scheidungsantrags, ist er für den Zugewinnausgleich unbeachtlich. Die Abfindung kann dann ggf. zur Bemessung des nachehelichen Unterhalts herangezogen werden.

Falls ein/e Arbeitnehmer/in nach Verlust des Arbeitsplatzes arbeitslos wird oder nur eine geringer bezahlte Arbeitsstelle bekommen kann, hat die Abfindung auch eine Lohnersatzfunktion. Sie dient dann dem Bestreiten des Lebensunterhaltes und ist damit zumindest teilweise zu Unterhaltszwecken heranzuziehen (vgl. BGH, FamRZ 2012, 1040 und 1048).

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in seinem Urteil vom 24.10.2013 (Az. 2 UF 213/12) eine mit dem Betriebsrat vereinbarte Sozialabfindung in einen unterhaltsrechtlich und einen güterrechtlich relevanten Teil aufgeteilt. Begründet wurde dies damit, dass gemäß der zugrundeliegenden Vereinbarung über einen Interessenausgleich die Abfindung sowohl dafür bestimmt war, den künftig zu erwartenden Verdienstausfall aufzufangen, als auch den Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes zu entschädigen.

Es sollten die persönlichen Nachteile der gekündigten Mitarbeiter, vor allem mit kleinen und mittleren Einkommen, abgemildert werden.

Bezüglich der Verteilung der Abfindung stellte das Gericht die Überlegung an, wie hoch der voraussichtliche Lohnausfall für die nächsten fünf Jahre sein wird. Dieser Betrag wurde für den Unterhalt herangezogen, der verbleibende Rest ins Endvermögen eingestellt.

Das Ergebnis war, dass von der gezahlten Abfindung in Höhe von 42.740,95 EUR ein Betrag von 26.000,00 EUR der Sicherung des Arbeitnehmers und seiner Familie dienen soll und ein Betrag in Höhe von 16.740,95 EUR in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen ist.

Es kommt also auf den Einzelfall an, ob eine arbeitsrechtliche Abfindung in den Zugewinnausgleich fällt, oder aber zumindest teilweise für die Bemessung des Unterhalts oder des eigenen Bedarfs heranzuziehen ist.

Fazit:

Die Formulierung des Grundes für die Zahlung einer Abfindung in den zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat ausgehandelten Sozialplan oder einem Aufhebungsvertrag kann Einfluss darauf haben, ob und in welcher Höhe diese bei einem Arbeitnehmer, dessen Scheidung bevorsteht, im Zugewinnausgleich berücksichtigt wird.

Das Datum des Sozialplanes oder die die Abfindung beinhaltende individuelle Vereinbarung hat entscheidenden Einfluss darauf, ob eine Arbeitnehmerabfindung im Zugewinn auszugleichen ist. Zu beachten ist hierbei, dass bereits der Anspruch auf eine Abfindung ein Vermögen darstellt, das in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen ist.